Verzerrung ist nicht einfach nur Verzerrung.
Viele der großen Gitarrenhelden der 60er und 70er hatten einen unverwechselbaren Ton. Oft wurden Röhrenamps voll aufgerissen und zusätzlich noch mit Boostern angeblasen. Technisch gesehen wurden dadurch sehr viele Stufen in die Übersteuerung gebracht - quasi Gain-Stacking - was zu einem besonders fetten Ton beitrug.
Stellen wir uns vor, man dreht den Gain-Regler auf 100 %. Der Klang wird anders sein, als wenn man zwei Gain-Regler hintereinander auf 50 % einstellt.
Verzerrung entsteht bei Übersteuerung. Hierbei wird das Signal in seiner Amplitude begrenzt, und somit auch komprimiert. Ähnlich wie bei einem klassischen Kompressor, wo eine leichte Kompression in der ersten Phase andere Frequenzen anhebt oder absenkt, unterscheidet sich der Sound erheblich, wenn man die Kompression erst im Mix anwendet.
Bei Verzerrung funktioniert es genauso. Viele Gitarristen verwenden die Technik des „Gain-Stackings“, indem sie einen Overdrive vor einen verzerrten Kanal schalten. Das leicht verzerrte Signal bringt ein anderes Frequenz- und Obertonspektrum hervor, was in einem Crunch-Kanal zu einem vollen Lead-Sound führt – oft besser als nur den Lead-Kanal voll aufzudrehen. Viele berühmte Sounds sind so in Kombination mit einem Booster oder Overdrive entstanden.
Mit dem AMP1 haben wir diese Funktionalität direkt im Verstärker integriert, ohne zusätzliche Geräte verwenden zu müssen. Der AMP1 verfügt über zwei hintereinander geschaltete Gain-Regler. Der interne 2nd Gain folgt der klassischen Regel (mehr Gain = mehr Obertöne), während der Gain-Regler auf der Frontplatte anders funktioniert.
Dank eines integrierten Treble-Bleed wird das Signal höhenreicher, wenn man den Gain zurückdreht. Alleine durch die Kombination der beiden Regler lassen sich daher schon große Veränderungen im Sound vornehmen, ohne die Klangregelung zu benutzen.

Als zusätzliches Highlight bietet AMP1 einen dritten Gain durch den Boost-Schalter.
Je nach Intensität (mittels Custom Control) ergeben sich so viele neue Klangmöglichkeiten.
Abschließend kann die 3-Band-Klangregelung den Sound noch weiter verfeinern.
Wichtig zu beachten: Der 2nd Gain ist nur über 1CONTROL, REMOTE1 oder MIDI (in Verbindung mit MIDI1) steuerbar. Wenn diese Optionen nicht verfügbar sind, kannst du in den Low-Gain-Mode wechseln. Dieser bietet eine leichte Absenkung (ca. 70%) des Gains auf allen Kanälen. Hiermit lassen sich schon jede Menge neue Sounds kreieren lassen.
Fazit:
Wie bei einem Kompressor ist das Klangerlebnis dynamischer, wenn mehrere Stufen mit geringerer Verzerrung betrieben werden. Mit zunehmender Gesamtverstärkung stößt man jedoch irgendwann an eine natürliche Grenze der Dynamik. Vintage-Enthusiasten werden hieran ihre Freude haben, zumal sich im Low- und Mid-Gain-Bereich zahlreiche klangliche Möglichkeiten ergeben.